Sunday, April 23, 2006

Der Caveirão als ein Mittel der Einschüchterung

Polizeieinsätze, die durch den Caveirão angeführt werden, nutzen sowohl physische, als auch psychologische Drohungen, um ganze Wohnviertel einzuschüchtern. Das Emblem des BOPE, ein Totenkopf, der von einem Schwert durchbohrt wird und hinter dem zwei goldene Pistolen gekreuzt sind, sendet eindeutige Signale. Wie auf der Website des BOPE erklärt, symbolisiert dieses Emblem den bewaffneten Kampf, Krieg und Tod.
Amnesty international ist sehr besorgt über die Art und Weise, in der der Caveirão genutzt wird. Die Organisation hat Berichte darüber erhalten, wie Caveirões wahllos um sich schießend in marginalisierte Wohnviertel eindrangen und die Menschen aufforderten, um ihr Leben zu laufen. Gemäß Edilson Santos, dem Direktor des Kulturzentrums Lona Cultural im Komplex Maré, kommen Caveirões ab 10 Uhr routinemäßig in die Favela und schießen. „Häufig, wenn Du von der Arbeit kommst, siehst Du Mütter, Kinder und andere Personen in Panik davonrennen. Es scheint dann so, als ob sie an irgendetwas Schuld seien. Es ist so traurig. Jeder – junge Leute, Kinder, alte Leute, Künstler – wir sind alle beunruhigt darüber, wie unsicher dieses Fahrzeug ist.“
Lautsprecher, die an der Außenseite des Gefährtes angebracht sind, kündigen wiederholt die Ankunft des Caveirão an. Die Nachrichten variieren vom freundlichen „Bewohner, wir sind hier, um Ihr Wohnviertel zu verteidigen. Bitte kommen Sie nicht aus Ihren Häusern, es ist gefährlich.“ über das alarmierende:“ Kinder, geht von der Strasse. Es wird einen Schusswechsel geben.“ bis hin zum offen einschüchternden „Wir kommen, um Eure Seelen zu holen“. Wenn der Caveirão sich jemandem auf der Strasse nähert, ruft die Polizei durch das Megafon: „Hey, Sie dort drüben! Sie verhalten sich verdächtig. Bewegen Sie sich sehr langsam, heben Sie ihr Hemd hoch, drehen Sie sich um…. Jetzt können Sie gehen.“ Amnesty International hat ebenfalls Berichte über Polizisten, die fluchen und abfällige Äußerungen gegenüber Bewohnern - insbesondere Frauen - machen, erhalten.
Der Ton und die Sprache von Polizisten während der Einsätze des Caveirão sind feindselig und autoritär. Die Drohungen und Beschimpfungen haben traumatisierende Effekte auf Bewohner, insbesondere auf Kinder, die sehr sensibel sind. Nach den Aussagen lokaler NGO’s haben Kinder seit der Einführung des Caveirão emotionale und psychische Probleme entwickelt. Die unschuldige Angst vor dem „Schwarzen Mann“ wurde durch die vor dem Caveirão ersetzt – ein trauriges Spiegelbild der Polizeistrategie von Rio de Janeiro.

Tag des Terrors in der Favela Acarí
Am 1. September 2005 erlebte die Favela Acarí einen Tag des Terrors, als das Sondereinsatzkommando eine Razzia durchführte, die vom Caveirão begleitet wurde. Erzählungen von Bewohnern zufolge wurde während der Razzia der 17-jährige Michel Lima da Silva (Michelzinho) in den Kopf geschossen. Sein Körper wurde dann hochgehievt und an einen Haken am Caveirão gehängt, der damit durch das Viertel fuhr und den Körper zur Schau stellte, während die Polizisten für die Rückgabe des toten Körpers Geld forderten.
Die 46-jährige Sancleide Lima Gavão starb ungefähr eine Stunde nach Michelzinho. Sie saß auf den Stufen ihres Bekleidungsgeschäftes und hielt ihren Enkel auf dem Schoß. Neben ihr befand sich ihr Sohn, der Gitarre spielte. Als der Caveirão um die Ecke bog, traf eine Kugel Sancleide in die Brust und verfehlte ihren Enkel um Millimeter. Sie war eine unermüdliche Aktivistin im Einsatz für bessere Lebensbedingungen im „Fim do Mundo“ (Ende der Welt)-Viertel am Ende der Favela Acarí.